Mit einem kleinen Schwung fängt der Sessel des Kaiserlifts an, mich gen Kaisergebirge zu ziehen. Unter meinen Füßen erscheinen die ersten Baumwipfel und mich umgibt nichts als frische Waldluft und eine uneingeschränkte, mit jedem Meter schöner werdende Panoramasicht auf das Kufsteinerland.
Baumbeobachtung aus der Luft mit dem Kaiserlift
Der Kaiserlift ist mit Einzelsesseln bestückt. So läuft niemand Gefahr, vom Sitznachbarn vollgequatscht und vom Liftfahren abgelenkt zu werden. Ich weiß so etwas immer sehr zu schätzen.
Auch nach 10 Minuten Fahrt finde ich das Ganze immer noch sehr aufregend. Durch die minimalistische Lift- Ausstattung gibt es kaum Begrenzung zwischen mir und der Luft, es fühlt sich an wie fliegen.
Ich schwebe ganz nah an einer Tannenmistel vorbei, die ich vom Boden nie gesichtet hätte, über wilde Orchideenfelder hinweg und wünsche mir, den ganzen Tag mit diesem Lift zu fahren.
Das gesamte Kaisergebirge ist Naturschutzgebiet und das hier ist der einzige Lift.
Bergkräutertour Des Kaisers Pflanzenschätze
Ich bin immer noch ganz selig, als wir oben ankommen. Mein Pflanzen-Guide Gabi und ich gehen los, kommen aber nicht weit, schon auf den ersten Metern begegnen uns mehrere Alpenkräuter, die mir völlig unbekannt sind.
Ich lerne den Silbermantel kennen, die alpine Form des Frauenmantels. Die Schneerose, den Wolfseisenhut, die Trollblume und den stinkenden Hainsalat (der übrigens nicht stinkt, sondern nach frisch geschälten Kartoffeln riecht.)
Geerntet werden darf hier nicht, das ist in jedem Naturschutzgebiet verboten. Ich freue mich aber, viele mir bisher nur aus dem Buch bekannte Heilpflanzen endlich mal live zu sehen und anzufassen. Den Meisterwurz zum Beispiel oder die Teufelskralle (nicht zu verwechseln mit der afrikanischen Teufelskralle, die es bei uns oft in Kapselform zu kaufen gibt).
Gabi führt mich über blühende Bergwiesen, vorbei an Lärchen, Tannen und Fichten, die mir ihre hellgrünen Wipfel verlockend entgegenstrecken. Ich würde sie gern beernten, die Wipfel schmecken immer sehr erfrischend. Aber selbst in Nicht- Naturschutz- Gebieten, muss man mit der Wipfelernte vorsichtig sein. Für den Baum sind sie wie junge Ärmchen, deren Wachstum beendet wird, wenn der Wipfel fehlt.
Wer Wipfel pflückt, sollte man das an unterschiedlichen Stellen tun, damit der Baum gleichmäßig weiterwächst und nicht plötzlich rechts unten eine kahle Stelle hat.
Alpenkräuter sind Überlebenskünstler
Überhaupt ist die Bergpflanzen- Ernte ein wichtiges Thema. Ihnen stehen nur karger Boden und wenig Nährstoffe zur Verfügung. Für sie ist Wachsen ein viel größerer Kampf als für Pflanzen auf fetten Wiesen im Flachland. Das bedeutet aber auch, dass Bergpflanzen in ihrer wenigen Blattmasse mehr Nähr- und Heilstoffe enthalten. Man muss also viel weniger davon ernten.
In einer Welt, in der es Pflanzen immer schwerer haben, ist es sehr wichtig, sorgsam mit ihnen umzugehen. Nicht immer alles gleich auszurupfen, was man für heilsam hält. Für den persönlichen Bedarf braucht man meist nur wenige Pflanzen, die man sich zu Arznei verarbeiten kann. Man kann sowieso nur für ein Jahr vorproduzieren, danach gehen die Heilstoffe verloren.
Das Kaisertal – Wandern zwischen wildem und zahmen Kaiser
Bis 2008 konnte man das Kaisertal nur zu Fuß erreichen. Kürzlich wurde ein Autotunnel gebaut, der aber nur von den Bewohnern genutzt werden darf. Wer hier eine Unterkunft bucht, muss seinen Koffer zu Fuß ins Tal bringen.
Es wandert sich hier also sehr ruhig. Das Kaisertal ist ein wunderbarer Ort, um Wildpflanzen am Wegesrand zu entdecken, wilde Beeren zu ernten oder in einem der bewirteten Höfe einzukehren.
Für Menschen wie mich, die Höhen nicht gewohnt sind, ist das Kaisertal eine gute Option, denn das Wandern hat hier nichts mit Bergsteigen zu tun. Über lange Strecken verläuft der Weg fast ohne Steigung.
Unser Guide Harry führt uns durch das Tal und versorgt uns mit Infos, Geschichten und sogar Märchen aus dem Kufsteinerland. Er erzählt uns von Frauen, die in Mäuse verwandelt wurden und nun auf dem Gipfel des wilden Kaisers leben. Von reichen Kaufmännern, die zur Strafe für ihren Geiz in Stein eingeschlossen wurden.
Die Gegend ist voller Mythen, mit denen sich die Menschen früher das Berg-Naturgeschehen erklärten.
Nature-Response und die Vier-Seen-Tour
Das Kufsteinerland bietet auch Badespaß, zum Beispiel im Längsee. Ich lerne, dass Bergseen nicht immer eiskalt sein müssen, dieser hier hat fast Wannentemperatur. Er hat außerdem sehr dunkles Wasser. Ein Zeichen für viele hautpflegende Mineralien. Manche Hautärzte aus der Gegend verschreiben sogar Baden in genau diesem See.
Mein Guide Maria führt mich von hier aus über die 4 Seen- Wanderroute und vorbei an vielen Pflanzen. Hier treffe ich meine erste wilde Feuer-Lilie (man kennt sie bei uns aus Gärten, in Österreichs Bergen ist sie zuhause). Maria ist oft hier und kennt den Wald sehr genau, sie begrüßt manche Bäume wie alte Bekannte.
Nature Response ist einfach die Erkenntnis, dass die Natur auf viele eigene Probleme Antwort gibt, wenn man sie nur genau beobachtet.
Vielleicht fällt uns Geduld haben etwas leichter, wenn wir beobachten, Wie die Bäume ihre Knospen den ganzen Winter über vorbereiten, um ihr Frühjahr die perfekte Blüte draus entstehen zu lassen.
Vielleicht haben wir auch verlernt, uns nach ihren Rhythmen zu richten. Vielleicht ist die richtige Zeit, um ein Projekt umzusetzen, im Frühjahr, wenn alles sprießt und neu entsteht. Im Winter die Zeit für Rückzug und Innenschau.
Manchmal reicht ein Spaziergang im Wald, wenn man mit den essentiellen Fragen des Lebens hadert. Dann hilft es, zu sehen, wie aus Totholz neues Grün sprießt, wie alles in der Natur zusammenhängt und in Kreisen verläuft.
Maria lädt dazu ein, sich anzuschauen, was man in einem Wald zuerst wahrnimmt. Oft hat das damit zu tun, was uns gerade beschäftigt und unser Thema ist.
Die Kufsteiner Festung
Mein Highlight auf der Festung war der Kräutergarten. Hier kann man wunderbar umherstreifen und sich wie ein mittelalterlicher Ritter fühlen, der seine Wunden aus dem letzten Kampf mit Beinwell und Blutwurz behandelt.
Vielen Dank an die wunderbaren Guides des Kufsteinerland. Alle beschriebenen Touren und viele weitere Kräuter- Veranstaltungen sind in der Kufstein Card inklusive.
Comments
DANKE Sabrina für diesen tollen Blog, es war eine Freude, dir unsere Schätze im Kufsteinerland näher zu bringen.
Herzliche Grüße und vielleicht auf ein Wiedersehen
Maria Bachmann – Kräuter-und Wanderführerin
Hallo Maria!
Hast Du auch eine Internetseite? Veranstaltest Du auch Führungen / Wanderungen o.ä.? Ich plane nach Kössen zu ziehen und wäre sehr interessiert, mehr über die dortige Vegetation zu lernen 🙂
Danke!
Mo
Hey Mo, ich weiß nicht, ob Maria noch mitliest – falls nicht, wirst du hier fündig: https://www.kufstein.com/de/erl/info/kraeuter-und-wanderfuehrerin-maria-bachmann.html
Liebe Grüße, Caroline