Als wir in den Nockbergen ankommen, empfängt uns eine weiße Wand. Erst kurz bevor man glaubt, davor zu laufen, sieht man die Dinge im Nebel auftauchen.
Zirben und Bergseen liegen zugedeckt da und wollen noch schlafen.
Wir treffen unsere Wanderführerin Helga Riepl und starten den Aufstieg auf die Turracher Höhe. Wir wandern weder schnell noch besonders steil bergauf, trotzdem bin ich immer die letzte. Im Hamburg ist der höchste Berg, den ich besteige, der Deich. Höhenmeter bin ich nicht gewohnt und hier fühlt sich die kleinste Stufe an wie Mount Everest.
Die Sonne verwandelt die Nebelschwaden allmählich in Tautröpfchen, die die gesamte Landschaft beglitzern. Als sei das noch nicht genug, setzt das Wollgras weiße Tupfer ins Gras. Wie frisch gewaschen hängt ihm das weiße, nasse Haar vom Stiel herunter.
Würde gleich eine Fee oder ein Troll um die Ecke biegen, ich wäre nicht erstaunt.
Ich bin so fasziniert, dass ich meinen rechten Fuß in ein tiefes Schlammloch setze und die Wanderung mit einem triefenden, quietschendem Schuh fortsetze.
Die sowieso schon langsam laufende Gruppe hängt mich oft ab, weil ich die Orchideen zu lange bestaune oder Baumstämme befühle.
Wollgraslandschaften und Pflanzen, die Tiere jagen
Jede Pflanze trägt zur Skurrilität der Landschaft bei: die Zirbe mit ihren derart verschlungenen Wurzeln, dass sie fast wie ein Knäuel wirken. Als hätte man versucht, mit ihren Wurzeln zu stricken. Alpenrosen setzen rosa Akzente ins saftige Grün. Das feine lange Gras biegt sich entspannt im Wind mit.
Viele potente Heilpflanzen, die ich bisher nur aus Büchern kenne, begegnen mir hier endlich live; Arnika, Enzian, Meisterwurz, Alpen- Thymian.
Sogar Pflanzen, die Tiere jagen, gibt es hier. Das Alpen-Fettkraut schaut mit seinen kleinen lila Blüten ganz unschuldig aus, lockt aber Insekten in den sicheren Tod. Wer auf seinen Blüten landet, wird mit einem schleimigen Sekret festgehalten und gefressen.
Das Fettkraut ist nur eines von vielen Pflanzen- Highliths im Hochmoor.
Allein die Namen der Pflanzen versetzen mich in Verzückung: Wasserschlauch, Sonnentau, Mehlprimmel.
Was die Zirbe so besonders macht
Helga Riepl erzählt uns von der Zirbe. Dass sie manchmal auf blankem Felsen wächst. Dass es ihr gelingt, in Symbiose mit mehreren Spezialpilzen trotz Steinboden an Nährstoffe zu kommen. Dass sie der Hungerkünstler unter den Bäumen ist und mit sehr wenig Nährstoffen zurecht kommt. Dass es schwer ist, das Alter einer Zirbe zu schätzen, weil sie Zeiten durchlebt, in denen für großes Höhenwachstum einfach zu wenig Nährstoff vorhanden ist.
Zirben gedeihen nur in den Alpen, denn sie brauchen den Zirbenröhrling im Boden, der nur hier vorkommt. Im Flachland gehen sie sofort ein, daher darf man nie versuchen, sie umzupflanzen.
Die Zirbe hat sich auf die widrigsten Umstände spezialisiert und die Alpen zu ihrem Reich gemacht. Sie wächst dort, wo sich kein anderer Baum ansiedeln könnte; auf Felsböden, an steilen Hängen und in Eis, Wind und Schnee. So genügsam dieser Baum ist, so besonders ist sein Holz. Der Duft wirkt beruhigend und wer im Zirbenbett schläft, spart pro Nacht bis zu 3000 Herzschläge.
Zirbenholz wirkt beruhigend und schlaffördernd
Die beruhigenden Eigenschaften von Zirbenholz sind wissenschaftlich belegt. An der Uni Graz gab es mehrfach Studien, in denen die schlaffördernde Wirkung bestätigt wurde.
Beim Einschlafen erzeugt unser Körper einen Stoff namens Acetylcholin, ein körpereigenes Beruhigungsmittel.
Die Pinene der Zirbe verhindern den vorzeitigen Abbau dieses Beruhigungsmittels, so können wir besser durchschlafen. Besonders in Städten und Umgebungen mit Störgeräuschen und viel künstlicher Beleuchtung passiert es schnell, dass Acetylcholin vorzeitig abgebaut wird und wir nachts nicht genug Ruhe finden. Die Pinene wirken dem entgegen und sorgen so für erholsamen Schlaf und eine gute nächtliche Körper-Regeneration.
Was man beim Zirbenholz- Kauf beachten muss
Die Nockberge sind das größte zusammenhängende Zirbengebiet in Europa. Echtes Zirbenholz bezieht man am besten von hier.
Denn neben der Zirbe aus den Alpen gibt es noch die sibirische Zirbe. Sie wächst zwar auch im Flachland, hat aber nicht die gleichen Heileigenschaften. Ihr Holz wird auch als Zirbenholz deklariert, ist aber viel günstiger.
Wer nicht gleich ein ganzes Bett aus Zirbe kaufen will, kann auch mit Zirbenspänen im Kopfkissen starten. Oder (noch einfacher); einen Beutel Zirbenspäne neben das Kissen legen.
Helga Riepl hat Späne dabei und wir dürfen uns bei einer Pause am See einen Beutel daraus basteln.
Comments
Jedes Mal, wenn ich deine Texte lese, versinke ich in einer fantastischen und wundervollen Welt. Es ist so schön, was du teilst, vor allem wie! SO wunderbare Bilder, die du zeigst und mit deinen Worten malst!Bitte hör‘ nicht auf damit!!!
Danke für deine lieben Worte, ich freu mich sehr und schreibe weiter Pflanzentexte!
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