Wenig andere Gewächse schaffen es, mich so aus dem Häuschen zu bringen wie Kakteen. Ich finde sie ästhetisch absolut umwerfend. Die Symmetrie der Stacheln, die Farben und Wuchsformen.
Im Jardín de cactus, dem Kaktusgarten auf Lanzarote, kriege ich mich kaum noch ein. Ich freue mich über jede knallpinke Kaktusfeige, die ich finde.
Ich stehe völlig gerührt vor einem Kaktus, der sich ein Fell hat wachsen lassen (gegen den kalten Winterwind) und würde ihn am liebsten streicheln.
Meine helle Freude lässt auch nach 2-stündigem Aufenthalt nicht nach. Es gibt hier so viel zu entdecken!
Ich habe Kakteen immer mit grüner Farbe assoziert, hier lerne ich, dass sie auch lila, weiß oder gestreift sein können. Manche Kakteen unterbrechen sogar ihr grünes Wachstum und entscheiden sich, in pink weiterzuwachsen.
Andere haben weiße Zierelemente und Linien entlang ihre Sprossen gebildet, die jeden Designer neidig machen würden.
Manche ihrer Stacheln sind lange, feste Dornen, andere wirken eher wie kleine Bündel aus Plüsch. Als ich sie ganz vorsichtig anfassen will, bleiben mir viele hauchfeine Stacheln im Finger stecken.
In allen erdenklichen Wuchsformen ziehen sich die Kakteen hier durch die Landschaft. Sie können, wenn man sie wachsen lässt, so groß wie Bäume werden und sogar kleine Wälder bilden. Der Cardon Kaktus aus Mexiko wird bis zu 19 Meter groß und 1 Meter dick.
Manche Kakteen wachsen horizontal und scheinen Bodenhaftung zu brauchen. Wie grüne Würmer ziehen sie sich durch die Beete aus Vulkanasche.
Die Heilkraft der Kakteen
Neben ihrem wunderbaren Aussehen haben Kakteen auch Heilkräfte:
Ich kenne den Nopal-Kaktus (oder Feigenkaktus) aus Mexiko. Dort wird er, von Stacheln befreit, als Gemüse verkauft und gegessen.
Durch den hohen Pektingehalt schmeckt er ein bisschen klebrig, aber nicht unangenehm. (Pektin kann auch als veganes Geliermittel verwendet werden.)
Pektin hat viele gesundheitsfördernde Wirkungen, es wirkt sättigend und kann so beim Abnehmen helfen. Außerdem ist es bei hohen Cholesterinwerten interessant. Das Pektin des Nopal zerstört das schädliche LDL-Cholesterin. Das schützende, gute HDL-Cholesterin wird gestärkt.
Auch bei Verdauuungsstörungen und Diabetes kann Pektin helfen.
(Äpfel enthalten übrigens auch Pektin)
Die Kaktusfeige ist ähnlich reich an Pektin und steckt voller Vitamine.
Kaktusfeigenkernöl gehört zu den teuersten Ölen der Welt und ist wegen seiner Antioxidantien ein beliebtes Anti-Aging-Mittel.
Der mexikanische Feigenkaktus hat noch eine Besonderheit. Auf seinen Öhrchen (so nennt man die Sprossabschnitte) leben Läuse, aus denen Carminsäure hergestellt wird. Die wird für Lippenstifte oder als Lebensmittelfarbe verwendet.
Der Schlangenkaktus wird als Tee oder Tinktur bei Angina Pectoris und Verengung der Herzkranzgefäße verwendet.
Der Peyote Kaktus ist bekannt für das enthaltene Meskalin. Es wirkt ähnlich wie LSD, was ja bald eventuell medizinisch eingesetzt werden darf.
In vielen Wüstengegenden, wo nur Kakteen überleben, sind sie ein wichtiges Grundnahrungsmittel für Menschen und Tiere.
Kamele lieben Kakteen übrigens so sehr, dass sie sie sogar mit Dornen fressen.
Im Kaktusgarten auf Lanzarote darf man nichts ernten, aber auf der Insel selbst kann man die ein oder andere Kaktusfeige finden. Bitte nur mit Handschuhen pflücken, die feinen Stacheln muss man sonst noch Tage danach aus der Haut fummeln.
Hinkommen: Der Jardín de cactus liegt in einem Ort namens Guatiza im Norden der Insel, ist aber aus allen Richtungen gut ausgeschildert. Der Eintritt kostet 5,50 Euro, Öffnungszeiten sind von 10-17.45h.